Der Zahnschmerz
Ob es beim Kauen schmerzt, bei Kälte in den Zähnen zieht, oder sogar nach einer neuen Füllung noch weh tut, Zahnschmerzen können sehr belastend sein. Von Zahnschmerzen Betroffene beschreiben typischerweise zwei verschiedene Schmerzarten. Den hellen Schmerz, der durch die sogenannten A delta Fasern verursacht wird und den dumpfen, oft nicht zu lokalisierenden Schmerz, der von den sogenannten C-Fasern herrührt. Es gilt die Frage zu klären: Was tun? Und Was hilft? Vorab sei schon einmal gesagt: zwar existieren einige bewährte Hausmittel und Schmerzmittel, die den Zahnschmerz lindern können, doch ist es unumgänglich die Ursache für den Zahnschmerz zu beseitigen. Ein Zahnarzt sollte immer schnellstmöglichst zur Diagnose und Therapie aufgesucht werden. Die folgende Tabelle zeigt im Überblick, welche Schmerzarten typischerweise in den Zähnen und im Kiefer auftreten und welche Ursachen und Behandlungsmethoden existieren.
Zahnschmerz | Schmerzarten | Ursachen | Was tun? |
Karies | Schmerz auf süß oder sauer (Klassisch: Gummibärchen), Schmerz ist nur so lange andauernd wie Substrat auf Zähne einwirkt, Schmerzfreiheit möglich | Schlechte Mundhygiene, viele Zucker- und Säureimpulse, genetische Prädisposition, keine regelmäßige Untersuchung beim Zahnarzt, keine regelmäßige professionelle Zahnreinigung | Häufig ist Karies ein Zufallsbefund bei der Routinekontrolle. Bei Verdacht des Patienten bzgl einer möglichen Karies sollte ein Zahnarzttermin vereinbart werden, bis zum ZA Termin: bei Bedarf Schmerztabletten, Nelkenöl |
Zahnnerven-entzündung (Pulpitis) | Hell, ziehend, Schmerz besonders bei Kälte stärker | Tiefe Karies, tiefe Füllung, chemisches Trauma, Trauma (Unfall), Paro-Endo-Läsion, Präparationstrauma | Zahnarzt aufsuchen,bei Bedarf Schmerztabletten, Nelkenöl oder Globuli (Arsenicum, Magnesium, Arnica) |
Zahnnerv stirbt ab | Dumpf, pochend, Vitalität meist noch da, kaltes Wasser hilft, Hitze wird möglicherweise als sehr schmerzhaft empfunden | Siehe oben | Zahnarzt, eventuell sogar Notdienst aufsuchen, bei Bedarf Schmerztabletten |
Zahnnerv ist abgestorben | Dumpf, pochend, Vitalität nicht mehr da, dicke Backe möglich, eventuell auch gar keine Schmerzen | Siehe oben | Zahnarzt, eventuell sogar Notdienst aufsuchen, bei Bedarf Schmerztabletten |
Wurzelspitzen-entzündung | Dumpf, pochend, Vitalität ist nicht mehr da, dicke Backe möglich, eventuell auch keine Schmerzen, Entzündung an der Wurzelspitze kann bei einem Zahn mit oder ohne Wurzelfüllung auftreten | Zahn ist abgestorben,bereits erfolgte Wurzelkanalbehandlung war ohne Erfolg | Zahnarzt aufsuchen, eventuell im Anschluss Oralchirurg, bei Bedarf Schmerztabletten, Antibiotika in der Regel nicht notwendig |
Zahnfleisch-entzündung | Meist keine Schmerzen, Zahnfleischbluten beim Zähneputzen als erster Indikator für Entzündung des Zahnfleisches | Unzureichende Mundhygiene, eventuell Schwangerschaft (Schwangerschaftsgingivitis), Einnahme von Medikamenten (z.B. Hydantoin) | Zahnarzt aufsuchen, Mundhygiene optimieren, Chlorhexidinspülung, Ölziehen |
Parodontitis (Parodontose) | Eventuell pochend, aber auch Schmerzfreitheit möglich; Zahnfleischbluten als möglicher Indikator für Entzündung des Zahnhalteaparates | Schlechte Mundhygiene,genetische Prädisposition, Kofaktoren z.B. Diabetes, Rauchen, Stress) | Meist als Zufallsbefund bei der zahnärztlichen Kontrolle oder als Befund bei der professionellen Zahnreinigung, Chlorhexidinspülung, Ölziehen |
Kiefergelenks-beschwerden | Knacken im Kiefergelenk, Ohrenschmerzen, Kopfschmerzen, Kieferschmerzen, nach Unfall eventuell Kieferklemme (Mund kann nicht mehr geschlossen werden) | Trauma des Kiefergelenks, Kiefergelenk komprimiert oder in einer nicht regelrechten Position | Zahnarzt aufsuchen, eventuell später einen Spezialisten für CMD oder einen Kieferchirurgen kontaktieren |
Schmerzen an Weisheitszahn (Perikoronitis) | Pochender bis zum Ohr ausstrahlender Schmerz, „dicke Backe“ | Weisheitszähne brechen durch, Schmutznischen entstehen | Zahnarzt aufsuchen, eventuell später Überweisung zum Oralchirurgen, bei Bedarf Schmerztabletten, Kühlen der betroffenen Stelle,Homöopathie: Cheiranthus cheiri (bei Weisheitszähnen im Unterkiefer) Belladonna |
Schmerzen im Mund- Kieferbereich mit Fieber, Schluck-beschwerden und Schüttelfrost | Sehr eingeschränktes Allgemeinbefinden | z.B. Zustand noch komplizierter Weisheitszahnentfernung oder nach kieferorthopädischer Umstellungsosteotomie | Sofort Notdienst aufsuchen |
Um den Zahnschmerz besser zu verstehen, wird nun kurz der Aufbau des Zahnes beschrieben.
Zahnaufbau
Der Zahn ist in Zahnkrone und Zahnwurzel aufgeteilt. Die Zahnkrone ist in der Mundhöhle sichtbar, während die Zahnwurzel im Kieferknochen steckt und das Fundament eines jeden Zahns darstellt. Der koronale Anteil (in die Mundhöhle ragend) des Zahns ist vom Zahnschmelz umgeben. Dieser schützt den Zahn wie eine Hülle. Der Zahnschmelz wird am Zahnhals vom Wurzelzement abgelöst. Am Zement ist der Zahn durch die sogenannten Sharpey-Fasern mit dem Kieferknochen verbunden. Das Dentin (=Zahnbein) bildet die Hauptmasse des Zahnes und ist eine dem Knochen ähnliche Hartsubstanz. Das Dentin umschließt das sogenannte Pulpenkavum (Hohlraum mit Nerv und Gefäßen).
Zahnnerv
Der Schmerz wird aus dem Nervengeflecht in der Pulpa (siehe oben) über den Nervus trigeminus zum Hirnstamm weitergeleitet. Durch die Verbindung mit der Hirnrinde wird die Sinneswahrnehmung zum Schmerzerlebnis. Die im Volksmund beschriebene Zahnnervenentzündung (Pulpitis) ist sehr schmerzhaft. Bereits abgestorbene Zähne können ebenfalls mit starken Schmerzen verbunden sein. Die Schmerzweiterleitung erfolgt dann aus den Rezeptoren im Knochen. Der Zahn sollte umgehend zahnmedizinisch untersucht und behandelt werden.
Karies
Kariogene Mirkoorganismen (Bakterien) in der Mundhöhle (Plaque) können bei dem Angebot von kariogenem Substrat (einfach gesagt: Zucker) organische Säuren produzieren. Wirken diese Säuren lange genug auf den Wirt (Zahn) ein, wird dieser entmineralisiert. Bakterien können somit in den Zahn einwandern. Eine kariöse Läsion (Loch) ist entstanden. Das ist die Kariesentstehung in Kurzform. Die Kariesbehandlung bedeutet in erster Linie das Entfernen von Karies und die Wiederherstellung der Zahnform mit Füllungsmaterialien.
Pulpitis
Unter Pulpitis versteht man die Entzündung des Zahnnervs. Meist sind Kariesbakterien die Ursache für eine Pulpitis. Wenn es sich um eine irreversible Pulpitis handelt, werden die Beschwerden häufig als „extrem starke“ Zahnschmerzen beschrieben. Der Zahnnerv muss dann meist entfernt werden. Die Folge einer irreversiblen Pulpitis ist die Wurzelbehandlung.
Wurzelbehandlung
Tiefe Karies ist die häufigste Ursache für eine Wurzelkanalbehandlung, aber auch ein Unfall, ein Schleiftrauma oder eine Parodontitis können die endodontische Behandlung notwendig machen. Der Zahnnerv ist entweder irreversibel entzündet und muss entfernt werden oder ist bereits abgestorben und das Wurzelkanalsystem muss von Geweberesten und Bakterien gesäubert werden. In der Regel sind bei der Wurzelbehandlung keine Schmerzen zu befürchten. Moderne Wurzelkanalbehandlungen sind häufig sehr zeitaufwendig. Patienten müssen viel Geduld zur Zahnbehandlung mitbringen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur einen Art Basisversorgung für die Zähne. Die adäquate Behandlung von Wurzelkanalsystemen ist im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nur teilweise enthalten. Patienten sollten schon vor der Behandlung mit dem behandelnden Zahnarzt abklären, wie hoch der selbst zu tragende Kostenanteil ist.
Zahnfleischentzündung
Die Parodontitis (im Volksmund: Parodontose) ist die Entzündung des Zahnhalteapparates. Der Zahnhalteapparat (= Parodont) verankert den Zahn im Knochen. Der Zahn ist keineswegs im Knochen festgewachsen, sondern durch dünne Fasern (= Sharpey Fasern) im Knochen „aufgehängt“. Ursache für die Parodontitis ist vor allem das Vorliegen von bestimmten Bakterienarten, eine schlechte Mundhygiene, die genetische Disposition und das Vorhandensein von Risikofaktoren wie z.B. Rauchen. Die in der Schwangerschaft auftretende Schwangerschaftsgingivitis stellt eine Ausnahme dar und wird durch die hormonelle Verschiebungen in der Schwangerschaft und nicht durch Bakterien ausgelöst.
Kieferschmerzen
Patienten können häufig nicht genau unterscheiden, ob Sie an Zahn- oder Kieferschmerzen leiden. Ein entzündeter Nerv im Zahn wird in der Regel Zahnschmerzen auslösen, kann aber soweit ausstrahlen, dass der ganze Kiefer weh tut. Doch auch Knacken im Kiefergelenk kann einseitig oder beidseitig Schmerzen im Kiefer auslösen. Funktionsstörungen im Kauaparat können generell von der Muskulatur, dem Kiefergelenk und der Okklusion ausgehen. Patienten, die sehr gestresst sind und knirschen (Bruxismus) beschreiben ebenfalls häufig Kieferschmerzen, die mit Kopfschmerzen und Druckempfindlichkeit der Kaumuskulatur einhergehen. Durchbrechende Weisheitszähne lösen ebenfalls Kieferschmerzen aus. Kopf- und Ohrenschmerzen sind typische Begleitsymptome.
Weisheitszähne
Die Weisheitszähne sind die letzten Zähne im Ober- und Unterkiefer des Menschen. Es sind die dritten Molaren (= Backenzähne), oder die sogenannten „8 er“. Zählt man von der Mittellinie in die Mundhöhle nach hinten, sind die Weisheitszähne die achten und in der Regel letzten Zähne. Die Weisheitszähne stellen ein Relikt aus vergangenen Zeiten dar, als es für den Menschen noch überlebensnotwendig war unverarbeitet Nahrungsmittel zu zerkleinern. Das Entfernen von Weisheitszähnen ist oft durch den Platzmangel der Kiefer notwendig (siehe Ursache und Therapie Weisheitszähne).
Inlay
Zur Behandlung von Karies können Inlays zum Einsatz kommen Das Inlay ist eine außerhalb des Mundes (im Zahntechniklabor) gefertigte Einlagerestauration aus Gold oder Keramik (sehr selten aus Kunststoff). Inlays sind qualitativ sehr hochwertig und mit hohen Kosten verbunden. Ein Inlay umfasst nicht wie eine Krone den ganzen Zahn, sondern liegt im Zahn wie eine Füllung ohne dabei die Zahnhöcker zu fassen.
Zahnkrone
Eine Zahnkrone umfasst im Gegensatz zum Inlay den ganzen Zahn. Der Zahnarzt beschleift den Zahn von allen Seiten, um Platz für eine Krone zu schaffen, die dem Zahn anschließend wie ein Hut aufgesetzt wird. Eine Zahnkrone ist bei den gesetzlichen Krankenkassen, außerhalb der Härtefallregelung, immer mit Kosten verbunden. Für die Krone stehen verschiedene Materialien zur Verfügung (NEM bis Vollkeramik).
Implantat
Ein Implantat ist ein künstlicher Zahn, bzw. eine Art Schraube, die in den Knochen eingeschraubt und anschließend mit einer Krone versorgt wird. Oft stellt sich die Frage Brücke oder Implantat, wenn ein Zahn fehlt. Doch wenn ein schmerzender oder zerstörter Zahn entfernt werden muss, sind Implantate häufig eine elegante Lösung, Lücken hoch ästhetisch zu schließen. Doch auch ein Implantat kann schmerzen. Man spricht von einer Periimplantitis, wenn sich der Kieferknochen um das Implantat entzündet.